* 26.1.1995. Ivan Toptygin stammt aus Orel, einer Stadt zwischen Moskau und der ukrainischen Grenze. Aus Angst vor einer Einberufung und aus Ablehnung des russischen Angriffskriegs suchte er Ende 2023 im Internet nach Informationen über das ukrainische Projekt „Choču žitʹ“ (dt. „Ich will leben“): eine vom ukrainischen Militärgeheimdienst betriebene Hotline, über die sich russische Soldaten melden können, wenn sie kampflos in ukrainische Gefangenschaft gehen wollen. Das Projekt garantiert eine Behandlung gemäß den Genfer Konventionen.
Kurz darauf nahm über Telegram eine Person Kontakt zu ihm auf, die sich als ukrainischer Vertreter „Timur“ ausgab. Zwischen Dezember 2023 und Februar 2024 schickte Toptygin ihm auf seine Bitte hin Fotos von Verwaltungs‑ und Industriegebäuden in Orel sowie Scans medizinischer Fachliteratur. Wie im späteren Urteil festgehalten wurde, handelte es sich bei „Timur“ jedoch tatsächlich um einen Agenten des FSB.
Im April 2024, zwei Monate nach Ende der Chat‑Kommunikation, wurde Toptygin festgenommen. Aus dem ursprünglichen Vorwurf des versuchten „geheimen Zusammenwirkens mit einem fremden Staat“ wurde noch vor Prozessbeginn der Vorwurf einer vollendeten Tat, ein Straftatbestand, der erst im Juli 2022 eingeführt wurde.
Im Juli 2024 wurde er zu vier Jahren Haft sowie zu einer Geldstrafe von 5.500 € verurteilt.
Nach Einschätzung des Menschenrechtszentrums Memorial steht die Strafverfolgung in direktem Zusammenhang mit der pazifistischen Haltung des Angeklagten und seinem Versuch, sich dem Krieg zu entziehen. Der gesamte Fall basiert auf einer vom FSB initiierten operativen Provokation, deren Ergebnisse sowohl nach russischem als auch internationalem Recht unzulässig sind. Memorial kritisiert zudem, dass der zugrundeliegende Straftatbestand mit unklaren Definitionen arbeitet und es den Behörden ermöglicht, private Kommunikation willkürlich zu kriminalisieren, nicht aufgrund tatsächlicher Handlungen, sondern aufgrund unterstellter Absichten.
Weitere Schreibweise des Namens: Иван Толпыгин (RU)