* 25.10.1980. Pavel Guguev verbüßte eine zwölfjährige Haftstrafe wegen Mordes und Diebstahls, als er im Mai 2023 in der Strafkolonie von Rekrutierungsteams des russischen Verteidigungsministeriums angeworben wurde. Er unterzeichnete einen Vertrag und wurde zehn Tage später in den Krieg gegen die Ukraine geschickt.
Wie er später erzählte, wurden von den 240 Gefangenen, die sich an demselben Frontabschnitt befanden, etwa 180 in den ersten 24 Stunden verwundet oder getötet. Er selbst wurde in ukrainische Gefangenschaft genommen. In einem Ende Mai 2023 veröffentlichten Interview mit ukrainischen Journalisten berichtete er über die Rekrutierung von Häftlingen und kritisierte die militärische und politische Führung Russlands. Zwei Wochen später wurde er im Rahmen eines Gefangenenaustauschs nach Russland zurückgebracht. Er kam in ein Krankenhaus und hoffte, aus der Armee entlassen zu werden, da er HIV-positiv ist und behandelt werden muss. Aus dem Krankenhaus heraus gab er demselben ukrainischen Journalisten ein zweites Interview. Der ehemalige Sträfling schilderte, was ihm nach dem Austausch widerfahren war, und sagte, er habe nicht die Absicht, in den Krieg zurückzukehren. „Wie kann ich euch nach dieser Sache töten, wenn mein Leben gerettet wurde?" In einem dritten Gespräch Anfang August 2023 äußerte er die Befürchtung, für seine Aussagen strafrechtlich verfolgt zu werden. Kurz danach brach der Kontakt zu ihm ab. Die Interviews wurden insgesamt etwa sechs Millionen Mal aufgerufen.
Im Dezember 2023 wurde Pavel Guguev in Moskau verhaftet und wegen geheimer Zusammenarbeit mit einem ausländischen Staat oder einer internationalen bzw. ausländischen Organisation; die heimliche Kontaktaufnahme zu ausländischen Diensten mit dem Ziel der Unterstützung bei Aktivitäten, die die innere Sicherheit Russlands gefährden angeklagt. Ihm drohen bis zu acht Jahre Haft.
Der Straftatbestand der „vertraulichen Zusammenarbeit“ wurde im Juli 2022 in das russische Strafgesetzbuch aufgenommen und dient der Verfolgung tatsächlicher oder vermeintlicher „innerer Feinde“. Die unklare Formulierung des Gesetzes kriminalisiert im Grunde jegliche Kommunikation russischer Bürger:innen mit Personen aus dem Ausland.
Guguevs Interviews waren öffentlich zugänglich und richteten sich nicht gezielt gegen die Sicherheit der Russischen Föderation. Er berichtete über die Lage an der Front, die hohen Verluste und die Behandlung ehemaliger Strafgefangener im Militär – Informationen von öffentlichem Interesse. Die Anwendung des Artikels auf seinen Fall widerspricht dem Prinzip der Rechtsstaatlichkeit und dient der Bestrafung von kritischen Aussagen.
Weitere Schreibweise des Namens: Павел Гугуев (RU)